Es ist nicht egal wie wir geboren werden.

Am 25. November 2018 jährt sich der Roses Revolution Day bereits zum sechsten mal. Ein Tag, den wir Mütter dazu nutzen sollten, ein gemeinsames Zeichen gegen Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe zu setzen.

Mein Räuber, mein kleiner blonder Engel. Ich erinnere mich noch genau an den Tag deiner Geburt vor 4 Jahren. Als ich in den frühen Morgenstunden von einem immer wiederkehrenden Ziehen im Bauch wach geworden bin, habe ich nicht gedacht, dass deine Geburt nun endlich los geht. Hatte ich mich doch nach zwei Wochen nächtlichen Wehen schon damit abgefunden, dass du scheinbar für immer in meinem Bauch bleiben willst.

Weil ich nicht mehr schlafen konnte, saß ich Wohnzimmer am Fenster und habe die Schneeflocken beobachtet, wie sie leicht und sanft zu Boden sanken. Der erste Schnee in diesem Jahr. Alles war weiß, wie im Märchen. Es war kurz nach 8 Uhr, als wir uns dann doch auf den Weg in die Klinik gemacht haben, denn eine Hausgeburt, wie ich sie mir gewünscht hätte, war leider auf Grund der Hebammensituation zu deinem Geburtstermin, zwischen Weihnachten und Neujahr, einfach nicht möglich.

Meine Wehen waren, wie schon bei der Geburt deines großen Bruders, sehr unregelmäßig und ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht daran geglaubt, dass es dann doch so schnell gehen würde. Denn schon kurz nach unserer Ankunft im Krankenhaus wurden die Wellen intensiver und du hast dich auf deinen Weg zu uns gemacht.

Foto: Karolin Rögner

Ich habe dich sanft mit meinen Händen aufgehoben und zu mir genommen. Du hast uns mit deinen großen Augen angeschaut und sofort in deinen Bann gezogen. Unser Band ist ein ganz besonderes. Trotzt der Geburt in der selben Klinik, in der dein Bruder und ich vor 6 Jahren einen ganz traurigen Start hatten, war ich die erste Person, die dich berührt hat. Diese Geburt war heilsam und tränenreich zu gleich. Sie hat mir geholfen die Geburtserlebnisse mit deinem großen Bruder zu verarbeiten, auch wenn sie einige verdrängte Erfahrungen erst so richtig aufgewühlt hat.

Du bist ein selbstbewusster, äußerst kommunikativer kleiner Mensch geworden und dein Urvertrauen ist unerschütterlich selbst wenn ich einmal nicht bei dir sein kann. Denn es ist nicht egal wie wir geboren werden!

Foto: Karolin Rögner

Warum schreibe ich diese Zeilen am heutigen Tag?

Es ist der 25. November, Roses Revolution Day. Ein Tag, an dem wir Frauen unseren gewaltsamen Erlebnissen bei der Geburt eine Stimme geben. Denn Gewalt unter der Geburt gehört in den Kreißsälen leider immer noch zum guten Ton. 

Aber ich spreche hier nicht nur von massiver körperlicher Gewalt, wie dem Kristeller-Handgriff oder anderen physischen Eingriffen. Es geht vor allem um die psychische Gewalt, die fast die Hälfte aller Frauen während einer Geburt in einer Klinik erleidet. Es fallen Sätze wie “Stellen Sie sich nicht so an.” oder es wird zum Stillliegen unter den Wehen gezwungen.

Foto: Karolin Rögner

Auch ich habe im Nachhinein betrachtet, eine sehr gewaltsame erste Geburt erlebt. Und das nachdem diese Schwangerschaft bereits von vielen Ängsten und dem frühen Verlust aus einer Fehlgeburt nur 12 Monate davor geprägt war.

Schon bevor es richtig los ging, wurde mir gesagt, dass es unmöglich sei, meinen Sohn auf natürlichen Weg auf die Welt zu bringen. Er sei schlichtweg zu groß. Ich wurde genötigt und verängstigt, einzig um bei mir einen für die Klinik gewinnbringenderen Kaiserschnitt durchführen zu können. Ich konnte mich diesem noch entziehen, trotzdem wurde es unter der Geburt nicht besser.

Mir wurde gesagt, ich soll hier mitmachen, wenn mein Kind lebendig zur Welt kommen soll. Ich musste mein Kind auf dem Rücken liegend gebären, obwohl ich einen sehr großen Bewegungsdrang verspürt habe. Ich wurde von der Hebamme allein gelassen, während ich mich mehrfach unter Presswehen übergeben habe. Keine 30 Minuten bevor mein Sohn auf die Welt kam, prophezeite mir die Hebamme, dass die Geburt noch mindestens vier Stunden dauern würde. Eine Aussage, die mich zu diesem Zeitpunkt entgegen meiner Intuition zu Schmerzmitteln greifen lies, um die starken Schmerzen, welche ich im Liegen ertragen sollte, auch nur ansatzweise aushalten zu können.

Der erste Anblick meines gerade geborenen Kindes ist für mich ein schwarzer Fleck. Auch wenn er mir nach einer ganzen Zeit endlich kurz in den Arm gelegt wurde, kann ich mich einfach nicht mehr erinnern. Ich war weggetreten und völlig kaputt von den Medikamenten, so dass mein kleiner Engel seine erste Nacht auf dieser Welt alleine und ohne seine Mama in einem separaten Zimmer verbringen musste.

Als ich ihn am nächsten morgen endlich wieder bekam, hat er geweint und so schnell auch nicht wieder damit aufgehört… Bis heute ist er geprägt von Verlustängsten …

Foto: Karolin Rögner

Frauen haben ein Recht auf eine gewaltfreie Geburt.

Die Aktion “Roses Revolution” gegen Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe findet am 25.11.2018 zum sechsten mal statt und soll daran erinnern, dass physische und psychische Gewalt unter der Geburt verhindert werden können! Rosen werden als Zeichen des Protests am Ort der Gewalt niedergelegt, Fotos davon gepostet oder anonym auf der Roses-Revolution-Deutschland-Facebookseite veröffentlicht. Babys, Mütter und Familien brauchen eine würdevolle Geburtshilfe. Aber auch die Geburtshelfer entsprechende Arbeitsbedingungen. Inzwischen ist es zwar kein Tabu-Thema mehr über Gewalt in der Geburtshilfe zu sprechen, aber dennoch mangelt es, auf Grund der Hebammensituation, an einer echten Wahlfreiheit für Frauen.

Warum ist es so wichtig diesen Erfahrungen einen Namen zu geben?

  • Nur wenn wir aussprechen, welche körperliche und seelische Gewalt Frauen und ihren Kindern in der Schwangerschaft, unter der Geburt oder im Wochenbett angetan wird, kann sich das Bewusstsein in der Gesellschaft verändern.
  • Frauen haben die Möglichkeit zu betrauern, was sie erlebt haben und können so vielleicht Frieden schließen.
  • Schwangere Frauen können sich besser vor Gewalt schützen, wenn sie wissen, dass es sie gibt.
  • Hebammen und Ärzte können Gewalt konsequenter vermeiden, wenn sie darüber offen sprechen und ihr bewusst entgegenwirken. 

Warum kommt es immer wieder zu Gewalt unter der Geburt?

Hebammen und Geburtshelfer sind in der Regel ja nicht alle böse Menschen. Die handelnden Personen sind in Zeitnot. Oft mangelt es an Kommunikation im Kreißsaal und noch öfter existiert noch die Einstellung “Das wurde halt schon immer so gemacht.”

Hebammenstellen wurden gestrichen und auch Ärzte müssen teilweise die Aufgaben von eigentlich 2 Personen übernehmen. Dazu kommen die immer mehr werdenden Dokumentationsvorschriften. Die Ursache liegt hier, meiner Meinung nach, ganz klar in der Politik! Was die Frage aufwirft, warum sich keine Partei traut, dieses Thema auf die Tagesordnung zu bringen? Schließlich ist es die Politik, die eben diesen massiven Stellenabbau in den Klinken verursacht bzw. geduldet hat. Warum hat der Beginn eines neuen Lebens in unserer Gesellschaft einen so geringen Stellenwert und wann hören wir endlich auf Flughäfen oder Banken zu retten, statt uns den wirklich wichtigen Themen zuzuwenden?

Wenn deine Geburt auch unachtsam und nicht selbstbestimmt war, dann mach mit! Sei Teil der ROSES REVOLUTION! Lege eine rosafarbene Rose vor die Kreißsaaltür, hinter der Dir Gewalt angetan wurde und wenn Du magst, schreibe einige erklärende Zeilen in einem Brief dazu.

Foto: Karolin Rögner

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